Osteroder Kreiszeitung, 29. Juli 1922

Die Freiheiter Schützengesellschaft begeht in diesen Tagen nach althergebrachter Sitte im Rahmen eines Volksfestes ihr Schützenfest, welches mit der gleichen Feier ihres 50jährigen Bestehens verbunden ist. Die Vorbereitungen hierzu bezügl. Ausschmückung der Zelte auf der Freiheiter Höhe sind beendet, so daß die Festlichkeit mit dem übliche« Polterabendessen heute Sonnabend abend eingeleitet werden kann. Der morgige Sonntag sowie die folgenden Tage werden neben Ausmarsch dem Schießsport und den Volksbelustigungen gewidmet sein. Die Schützenfeste, welche alljährlich gefeiert worden, bilden noch ein Stück der guten alten Zeit in unserem schnellebigen Jahrhundert, nach deren idyllischer Ruhe der friedliebende Bürger von heute sich noch so oft zurücksehnt. In der Ritterzeit hatten zwar die Schützengilden, die mit der Machtentwicklung der Städte eng verbunden waren, deren Besatzung und Wehr der Bürger bildeten, manchen harten Stranß zu bestehen mit den übermütigen Rittern und Junkern, denen manchmal nach Raubzügen gelüstet; und der ahnungslose Bürger mußte mit auf den Ruf der Sturmglocke zur Armbrust und zur Partisane greifen, um die Troßknechte der Edelleute von den Stadtmauern fernzuhalten. Freilich heute ist das ganz anders. Da schießen die Schützen anstatt wie früher nach den Feinde nach einer hölzernen Scheibe. Die Schützenvereine haben bis auf den heutigen Tag ihre alten Rechte behalten, wo sie nur noch als Ueberbleibsel aus dem romantischen Mittelalter bestehen. In ihren traditionellen Uniformen mit dem Federstutze und unter den lustigen Klängen der Musik ziehen die Schützen hinaus zum Schießstand, um sich dort gleich der Altvardern im Schießen zu üben. Der beste Schütze ist natürlich König und wird auf alle mögliche und unmögliche Weiss gefeiert. Wir knüpfen ab diese Betrachtungen den Wunsch, daß die Festlichkeit von gutem Wetter begünstigt und einen schönen Verlauf nehmen möge!