Osteroder Kreis=Anzeiger vom .....
Ein fast vergessenes Jubiläum: Vor 360 Jahren erste Schulstunde - Frei| unterrichtete
Von Albrecht Schütze
Vor 360 Jahren erhielt eine Frau in der Ortschaft Freiheit den Auftrag, mit den Kindern auf der Freiheit das Lesen zu üben. Das war die Geburtsstunde der Freiheiter Schule.
Die Berufsbezeichnungen für Personen, die Kinder und Erwachsene in Schulstuben unterrichteten, waren vielfältig. Es gab es Lese-, Schreib- und Rechenmeister. Ein Schulmeister oder Lehrmeister dagegen konnte alle drei Kulturtechniken - Lesen, Schreiben, Rechnen - erfüllen.
Die ersten Anfänge in Freiheit (1637) beschränkten sich vermutlich nur auf das Lesen. Pastor Max hält 1840 in seiner Chronik schriftlich fest: „Anfänglich war zum Unterricht der Kinder auf der Freiheit nur eine Lesemeisterin, Ursula Seckels“. Als Schulmeisterin wird sie 1660, ein Jahr vor ihrem Tod, unter den Comunicierten (Abendmahlteilnehmern) ausgeführt.
Vergegenwärtigt man sich die Zeit, als Ursula Seckels 1637 den Lehrauftrag übernahm, erkennt man den allgemeinen Bildungsnotstand der damaligen Zeit. Im Land herrschte große Not, denn der 30jährige Krieg (1616-1648) verschonte keine Ortschaft. Der Konrektor des Progymnasiums, Dr.Renner, erwähnt in der Chronik von Osterode die Plünderungen aus dem 1632 in der Johannis- und Marienvorstadt, dazu die Ausschreitungen gegen die Landbevölkerung. Fünf Jahre später, am 12. September 1637, wurden abermals die Johannis- und Marienvorstadt an zwei Tagen ausgeplündert.
Abgesehen von den Kriesgunruhen mit der Begleiterscheinung der Verteuerung der Lebensmittel traten auch Krankheiten, insbesondere die Pest auf.
Genau zu diesem Zeitpunkt beginnt die Schulgeschichte in der Ortschaft Freiheit. Ein Schulhaus mag es noch nicht gegeben haben, entscheidend war, eine Person zu finden, die in schwerer Zeit die heranwachsende Jugend für die Zukunft befähigen konnte. Der Aufruf Martin Luthers (1554) „An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes, christliche Schulen aufzurichten“, hatte neben einer missionarischen Absicht den Gewinn, die Abhängigkeit von wenigen lese- und schreibkundigen Personen zu verringern.
Der aufstrebende Bürger, vor allem der Kaufherr und Handelsherr, war an der Kunst des Lesens und Schreibens sehr interessiert, um unabhängig von zweifelhaften Geschäftemachern zu werden. Freiheit, an der Handelsstraße zum Oberharz gelegen (Alte Harzstraße, Hundscherweg), bot Lese-, Schreib- und Rechenkundigen bessere Verdienstmöglichkeiten.
Dieser Sachverhalt könnte eine Erklärung für den relativ frühen Zeitpunkt des Schulunterrichts in Freiheit sein. Der Stadtplan von 1680 dokumentiert die besondere geographische Lage des Ortes Freiheit zwischen der mauerbewehrten Stadt Osterode und dem Harz.
Im Stadtgebiet gab es die Lateinschule (Kommandantenhaus) für Knaben, die Parochialschulen der Kirchengemeinden St. Jacobi und St. Marien für Jungen und Mädchen sowie eine Mädchenschule der Aegidiengemeinde. Während in den Parochialschulen vorwiegend Lesen und Schreiben vermittelt und Kirchenlieder eingeübt wurden, kam in der Mädchenschule noch Häkeln und Stricken hinzu.
Der Schulunterricht in Freiheit unterlag nicht den kirchlichen Vorschriften wie an den Parochialschulen praktiziert, denn die Ortschaft Freiheit, außerhalb der Stadtmauer gelegen, bewahrte sich eine Selbständigkeit bis in unsere Zeit (1970). Nur seelsorgerisch bestand eine enge Verbindung zur Aegidiengemeinde, die außer einigen Straßenzügen in der Stadt auch die Bewohner der Gartenhäuser außerhalb der Stadtmauer bis zur St. Mariengemeinde betreute.
Außergewöhnlich war auch die Anstellung einer Frau, denn in allen umliegenden Dörfern waren männliche Lehrpersonen eingestellt worden. Warum in Freiheit eine Lesemeisterin und kein Lesemeister den Auftrag bekam, ist nicht belegt.
Vermutlich war es eine Kostenfrage, verbunden mit dem Nachweis der Ausbildung. Die Unterschiede waren erheblich. Lehrer an Lateinschulen konnten aufgrund ihrer Bildung Bürgerrechte erwerben - Schulmeister waren von diesem Recht ausgeschlossen. Auf dem Lande wurden Lehrer mit Naturalien (Nutzung von Gartenland und Zuweisung von Brennholz) entlohnt.
In der Reformationszeit wurden die Schreib- und Lesemeister oder Lesemeisterinnen mit weiteren Aufgaben betraut und nannten sich auch Küster und Dorflehrer. Auch die Unterscheidung Schulhalter und Schulmeister war üblich. Der Schulhalter unterrichtete nur gelegentlich, übte meist noch ein Handwerk aus, während der Schulmeister oder die Schulmeisterin ganzjährig als Lehrperson arbeitete.
Demnach war Ursula Seckels in der Ortschaft Freiheit die erste selbständige Schulmeisterin, heute hätte sie die Bezeichnung Schulleiterin. Nachweislich war sie 24 Jahre als Lehrmeisterin in Freiheit tätig, das heißt, sie prägte eine Generation und hat damit für die Freiheiter Ortsgeschichte Bedeutsames geleistet.
Foto: Freiheit nördlich von Osterode, nach einem Stadtplan von 1680 von Heinrich Wendt (Bild: oh)
Osteroder Kreis=Anzeiger 08.07.1997
Zu den Berichten über die Sturmschäden in Osterode:
Kein Osteroder Bürger kann sich erinnern, einen solchen Sturm wie er am Abend des 29. Juni gegen 22 Uhr über Osterode und Umgebung hereinbrach, erlebt zu haben. Es ist auch gut 100 Jahre her, „als am 28. Juli 1895 in der Nacht zwischen 11 und 12 Uhr ein furchtbares Hagelwetter mit orkanartigem Sturm über die hiesige Gegend hereinbrach. Auf dem Schützenplatz in Freiheit wurde ein Karussell sechs Meter weit weggetragen und ist dabei umgestürzt, das Festzelt war abgedeckt, in zwei Zelte schlug der Blitz ein, doch glücklicher Weise ohne zu zünden. Es waren zwar viele von den Festteilnehmern verschwunden, doch Menschenleben sind nicht verlorengegangen“.
Im Bremketal hatte der Sturm einen furchtbaren Windbruch angerichtet, für 1,5 Milionen Mark Wald war gebrochen. Fast zwei Jahre haben die Aufräumungsarbeiten gedauert, und es ist noch nicht alles Holz abgefahren“, heißt es in der Chronik vom 13. Juli 1897, zwei Jahre nach dem Unwetter.
Auch einige Jahre zuvor, am 27. Juni 1861, war ein wolkenbruchartiger Regen, welcher zwei Tage und Nächte andauerte, über Osterode niedergegangen. Infolgedessen schwoll der Lerbach so an, daß er den ganzen Ort überschwemmte. Bäume trieben herab, legten sich quer vor die Gebäude, so daß mehrere Ställe vollständig weggerissen wurden. Von Freiheit ab floß das Wasser durch die Johannisvorstadt, wo es bei niedrig gelegenen Gebäuden in die Fenster des unteren Stockwerkes floß.
Menschenleben sind in Freiheit nicht zu beklagen gewesen. Schlimmer noch ist die Wasserflut der Söse gewesen. Dieselbe hat auf dem linken Ufer die Promenade unterspült, die Mauer und die Bäume weggerisen. Ein junger Mensch hatte sich an das Ufer gestellt, um den Wasserfluten zuzusehen, als der Boden unter seinen Füßen weggerissen wurde, so daß er selbst ertrank“.
Nach diesem Chronikbericht wurde die Sösemauer streckenweise neu gefestigt. Auch die Baumbepflanzung war mit eingeschlossen, so daß nicht auszuschließen ist, daß mancher Baum, über 130 Jahre alt, in unserer Zeit den Naturkräften nicht widerstehen konnte. Bei dem diesjährigen Sturm litten auch jüngere Bäume unter den Naturgewalten. Die Bepflanzung der Innenstadt und privater Gärten bot ein wüstes Bild, Mag mancher Bürger darüber verwundert und erschrocken gewesen sein, eigentlich jedoch regierte in diesen Tagen das Naturgesetz „Kreislauf der Stoffe“. Wie die Beispiele zeigen, sind solche Ereignisse im Ablauf des natürlichen Kreislaufs keine Ausnahme.
Gestürzte Bäume begünstigen durch Lichteinfall das Wachstum der Bodenvegetation und geben dem Boden die aufgebauten Nährstoffe zurück. Der Mensch ist heute dabei, sich die Natur wieder in die Wohnfläche zu holen, so wachsen Waldbäume zwischen Verbundsteinpflaster, beziehungsweise Asphalt, und sind bei Unwetter gefährdet. Es liegt wohl an dem begrenzten zeitlichen Wahrnehmungsvermögen des Menschen, solche Ereignisse als erschreckend zu empfinden.
Albrecht Schütze,
Osterode
Harz Kurier vom 13.11.1993
Zur Erinnerung an seinen 100. Geburtstag
Osterode. Er war kein berühmter Maler, Dichter, Staatsmann oder bekannter Bürger unserer Stadt - dennoch gibt sein Geburtsjahr Anlaß, darüber nachzudenken, wie Sinn und Unsinn des Lebens in ungeahnter Nähe liegen können, wenn verantwortliche Politiker unverantwortliche Entscheidungen treffen.
Friedrich Staats wurde am 10. März 1893 in Broistedt bei Braunschweig geboren. Sein Vater war Tischlermeister. Friedrich ging 1910 nach Northeim auf das Lehrerseminar, denn er fühlte sich zum Lehrer berufen. Er wollte jungen Menschen die Werte der Kunst, der Sprache, der Religion, der Naturwissenschaften vermitteln. Er wollte jungen Menschen
eine Welt zugänglich machen, die persönlich bereichert, die Hoffnungen trägt und Lebensfreude wachsen läßt.
Wieviel Zeit war ihm dafür gegeben? Als er 1913 das Seminar in Northeim verließ, absolvierte er seine Militärpflicht in Osnabrück und übernahm am 1. April 1914 den Unterricht in der Volksschule Freiheit. Bereits nach drei Monaten wurde er eingezogen - der Erste Weltkrieg brach über Europa herein. Nur drei Monate Schuldienst, gemessen an den Feldpostbriefen, die er an die Schule schrieb, dokumentieren, welch hohes Ansehen er sich bei Kollegen und Schülern in so kurzer Zeit erworben hatte. Die Schüler verehrten ihn wohl, denn Briefe und Päckchen gehen für ihn von Freiheit an die Front. Aus dem Pädagogen, der Menschen erziehen wollte, wurde-ein Soldat, der Befehle zum Töten ausführen mußte.
Studiert man seine Briefe, addressiert an den Hauptlehrer Oelkers, immer verbunden mit Grüßen an seine ehemaligen Schüler, gewinnt man den Eindruck, daß Friedrich Staats durch die Zeitumstände in eine für ihn zwiespältige Welt geführt wurde: „Menschen erziehen zu wollen - nun Menschen töten zu müssen, ist ein unüberbrückbarer Gegensatz, mit dem man nicht leben kann, auch wenn man sich diese Last in Briefen von der Seele schreibt: „Furchtbar war das Nachtgefeeht, mit 138 Mann ging ich ins Gefecht, nur 32 überlebten es....
Dieser unheilvolle Krieg wird doch wohl bald ein Ende nehmen....” Ich kehre gern nach Freiheit wieder zurück, weil ich dort mit Lust und Liebe habe mit Menschen arbeiten können...”
Friedrich Staats kehrte nicht zurück. Er fiel bei einem Sturmangriff am 17. Juli 1915. Die Erwartungen seiner Eltern, Kollegen und Schüler erfüllten sich nicht. Kein Einzelfall, die Geschichte diktierte für unzählige Menschen den Lebensweg, der den Angehörigen Leid, Trauer und Hoffnungslosigkeit brachte und vielen, die in Würde leben wollten, keine Chance bot, als Mensch ein lebenswertes Dasein für sich und andere zu verwirklichen.
Albrecht Schütze
Harz Kurier vom .....
Freiheiter Orts- und Osteroder Stadtgeschichte
Von Albrecht Schütze
Osterode Der Söseverlauf zwischen Osterode und Freiheit markierte einst die Grenze zwischen Stadt- und Dorfleben. Die geschichtlichen Begebenheiten in Osterode bzw. Freiheit ließen sich nicht trennen, wirkten wechselseitig. Freiheit, ohne eigenständiges Kirchengebäude, war mit der St. Aegi-diengemeinde und den amtierenden Pastoren eng verbunden. Pastor Heinrich Georg Ludwig Schmidt, ah den eine Steintafel am Hauptweg über den Stadtfriedhof erinnert, nimmt nicht nur für die Osteroder Stadtgeschichte, sondern im besonderen Maße auch für Freiheit eine bedeutende Stellung ein. Dieser Pastor kam 1829 auf die zweite Pfarrstelle an St. Aegidien und ab 1835 übernahm er die Amtsgeschäfte als Pastor primus. Schon 1831 erreichte er es, eine Gewerbeschule für Lehrlinge aller Handwerksberufe zu gründen und ein Jahr später (1832) die höhere Töchterschule (später als Luisenschule und Lyzeum bekannt) zu verwirklichen.
In Pastor Max, der vier Jahre später (1836) die zweite Pfarrstelle an St. Aegidien einnahm, fand er einen gleichgesinnten Amtsbruder, der ebenso engagiert die damaligen schulischen Missstände abschaffen und verbessern wollte. Beide hatten maßgeblichen Anteil an der Umwandlung der kirchlich geprägten Parochial - zur allgemeinbildenden Bürgerschule für Jungen und Mädchen.
Von besonderer Bedeutung für Freiheit war die Gründung der Industrieschule (1850) im Schulhaus. Sie war vorwiegend für schulentlassene Mädchen aus Freiheit eingerichtet und hatte zum Ziel, den arbeitssuchenden Mädchen eine praktische Ausbildung zu geben, doch zunächst die Zeit zwischen Schulentlassung und Anstellung zweckmäßig zu überbrücken. Die damals vorherrschende große Armut führte auch zur Gründung der Kinderbewahranstalt durch den Frauenverein, wesentlich unterstützt durch Pastor Schmidt. Beide Einrichtungen, die Industrieschule und die Kinderbewahranstalt waren sozialgeschichtlich gesehen Meilensteine bei der Bekämpfung der zunehmenden sozialen Not. 1865 wurden die Pastoren Max und Schmidt für ihr Engagement beim Besuch König Georg V. von Hannover und des Kronprinzen Emst August in der Schachtruppvilla geehrt. Sie erhielten aus der Hand des Königs den Welfenorden IV. Klasse.
Die Gedenktafel für Pastor Schmidt kündet davon, dass er zwei Jahre nach seiner Auszeichnung bei einem Leichenbegräbnis am 1. Januar 1867 tot zusammenbrach. Der knappe Text vermittelt den Eindruck, als sollte dieser außergewöhnliche Umstand der Nachwelt bewusst bleiben.
Der Vorstand der Heimatstube Freiheit sieht sich verpflichtet, das berufliche Engagement des Pastors Heinrich Georg Ludwig Schmidt für die gemeinsame Stadt- und Ortsgeschichte von Osterode-Freiheit, bewusst zu erhalten. So veranlasste der Vorstand, die unleserlich gewordene Erinnerungstafel wieder lesbar zu machen. Um das Leben und Wirken dieses verdienstvollen Mannes wirkungsvoller zu prägen, bedarf es eigentlich einer ergänzenden Erinnerungstafel.
Harz Kurier vom ???
Der alte und der neue Rotdorn vor dem „Freiheiter Hof“.
Hauptstraße in Freiheit - von Albrecht Schütze
Freiheit. Ein Rotdornbaum ist noch geblieben. Unter seinem schattenspendenden Blätterdach können ortskundige Gäste verweilen und von der Zeit schwärmen, als die Hauptstraße in Freiheit durch die „Rotdornallee“ Fremde und Einheimische auf eindrucksvolle Weise ansprach. Die Rotdornbäume waren ein fester Bestandteil, ein Aushängeschild der selbstbewussten Gemeinde.
Statt Akazien Rotdorn
Der ehemalige Besitzer der Gaststätte „Freiheiter Hof“, A. Waller, war es, der am 20. September 1933 dem Gemeinderat vorschlug, an der Stelle der alten Akazien neue junge Rotdornbäume von seinem Lokal bis zum Haus Mackensen anzupflanzen. Gleichzeitig regte er an, die jeweiligen Hausbesitzer könnten die Bäume vor ihrem Grundstück stiften. Diese Anregung fand große Zustimmung. Zur Förderung der guten Sache stiftete die Gemeinde fünf Bäume und beschloss, für die anfallenden Unterhaltungskosten künftig aufzukommen. Die Gärtnerei Baumgarten (früher Herzberger Landstraße) übernahm die Pflanzarbeit und lieferte im Jahr darauf kostenlos Ersatz für die nicht angegangenen Bäume.
Die Rotdornbäume belebten besonders durch die rote Blütenfülle alljährlich das Straßenbild. Die kleinwüchsigen Bäume säumten die Hauptstraße, ohne die Hausfronten zu verdecken, so gewann die Hauptstraße an sommerlichen Tagen den Reiz einer Parkallee. Die Anwohner hatten sich durch ihre Spendenaktion ungeahnt den längsten Blumenkasten vor ihren Fenstern geschaffen. Die Freiheiter empfanden diesen Straßenabschnitt als ihre Prachtstraße, ließen sich doch noch zusätzlich Girlanden von der linken zur rechten Straßenseite spannen..Bilder von Umzügen belegen, dass dieser Straßenteil besonders gefällig wirkte.
Weggesägt
Die stattlichen Rotdornreihe an der westlichen Straßenseite bekam im Laufe der Zeit aber erste Lücken, bis gegenwärtig nur noch sechs Bäume einen lebensfähigen Eindruck hinterließen. Die östliche Seite mit den „Kirschenfrüchten“ tragenden Bäumen fand nicht das das ganze Jahr die Zustimmung der Anwohner, denn zur Reifezeit der Früchte traten manche unliebsamen Belastungen auf. Bei der Maßnahme, diese Bäume durch problemlosere zu ersetzen, reifte der Gedanke, den gesamten Straßenabschnitt beidseitig neu zu gestalten.
Die fast 70-jährigen sechs Rotdornbäumchen bekamen kein „Gnadenbrot“. Die Säge führte zum Bedauern vieler Freiheiter Einwohner das aus, was für die Zukunft geplant worden war.
Verändertes Gesicht
Nun fällt es schwer, sich vorzustellen, dass die Freiheiter Hauptstraße mit ihrer ansprechenden Häuserzeile künftig mit den neu gepflanzten Ahornbäumen auf der einen und den Rotdornbäumen auf der anderen Seite wieder Generationen erfreuen wird. Vielleicht ist diese Erwartungshaltung nicht mehr gefragt, denn wer motorisiert diesen Straßenabschnitt durchfährt, richtet den Blick auf die Fahrbahn, weder rechts noch links zu den Baumkronen.
HarzKurier 17.11.2001 von Albrecht Schütze
In Freiheit hat es früher eine Mundart gegeben
Freiheit. Den Freiheitern ist Hauptlehrer Wilhelm Oehlkers (1865-1943) vorwiegend als engagierter Sportler bekannt -dass er auch sprachwissenschaftliche Studien betrieb, blieb weitgehend unbekannt. Handschriftliche Aufzeichnungen (um 1906 notiert) zeigen, dass Oehlkers vielseitigen Interessen nachging.
Er versuchte, die älteste Geschichte des Ortes Freiheit und seiner Umgebung zu erforschen. Er hinterließ schriftlich: „...Die im Lande verbliebenen keltischen Urbewohner benannten natürlich die Berge, Flüsse usw. in ihrer keltischen Sprache. Spätere Siedler (Germanen) setzten sich mit ihrer Sprache durch, dennoch mag mancher Wortstamm aus dem Keltischen übernommen bzw. eingebunden worden sein: Der heutige Name Butterberg enthält nach Oehlkers Erkenntnis das Stammwort „bid“ - Bergspitze, und „fenn“ = Berg erfaßt den Namen Feenhöhe. Der Name Lerbach lässt sich aus dem keltischen Wort „lia - er' großes Wasser ableiten. Acker sei mit „ag er“ große Höhe zu erklären. Der Begriff Schacht = „scheach“ steht für Gebüsch, Wald. - In dem Wort Söse sei das Stammwort „si-uiss kleines Waldwasser enthalten und Bremke = „brim-brem“ bedeutet Bergwasser.
Oehlkers versuchte auch, Klarheit um die Gründung und den Namen Osterode und die Burganlage zu gewinnen. So hielt er fest, dass eine Burg vor der Siedlung Osterode bestanden haben könnte. Er begründet das durch die Etymologie des Wortes Osterode. In den ältesten Urkunden heißt die Siedlung „Hosteroth“.
Derselbe Wortstamm ist in „Houster Weg“, jetzt als Hundscher Weg bekannt, enthalten. Das keltische Wort „ioster (sprachlich „houster“) bedeutet befestigtes Haus und die Endung „roth“ = Burg (Hosteroth). So bilden Burg, Handelsweg und Siedlung eine Einheit.
Neben diesen Überlegungen der Wort Veränderungen sind in der Freiheiter Schule Vergleiche der Aussprache von Lehrern und Schülern über gängige Wörter der Umgangssprache aufgezeichnet worden. Der Vergleich erbrachte jedoch keine wesentlichen Unterschiede der Sprachgewohnheiten (Schriftdeutsch - Mundart). Dabei muss um 1880 in Freiheit eine Mundart üblich gewesen sein. 40 Sätze in Freiheiter Mundart sind schriftlich von Lehrer Bergmann aus dem Jahr 1880 überliefert. Zwei Sätze aus dieser Auflistung sollen als Beispiel dienen:
„Min leiwe Kind, bliw hier unnen stan, da bösen Göse bitet deck“. (Mein liebes Kind, bleib hier unten stehen, die bösen Gänse beißen dich).
„Dau Koll’n in’n Owen, dat dä Melk balle an te koken fänget“. (Tu Kohlen in den Ofen, dass die Milch bald zu kochen anfängt).
Leider sind beide Unterlagen nur Einzelstücke. Eine systematische Arbeit ist vermutlich durch die nachfolgenden unruhigen Jahre 1914-18 und die Nachkriegszeit unterblieben. Wilhelm Oehlkers unterrichtete bis 30.09.1930 und starb am 19.09.1943.
Wilhelm Oehlkers, Lehrer, Sportler und Sprachforscher.
Foto: Schütze
Harz-Kurier 29./30.April 1995
Eckhard Tödteberg zum Vorsitzenden gewählt/Schon fast 60 Mitglieder
Freiheit (er). Seit rund fünf Jahren treffen sich engagierte Freiheiter Bürger, um die Geschichte ihres Ortes aufzuarbeiten. Inzwischen wurden auch schon zwei zusammenhängende Räume im Freiheiter Schulgebäude in Eigenleistung entrümpelt und neu hergerichtet. Hier hat man bereits viele alte Gegenstände, Bilder, Karten und Dokumente zusammengetragen und entsprechend aufbewahrt.
Dadurch wurde das Interesse in der Bevölkerung geweckt. Das wiederum veranlaßte die Gruppe der passionierten Heimatforscher, einen rechtmäßigen Verein ins Leben zu rufen. Am Dienstag war es soweit. Eine beachtlich große Zahl von Bürgern war der Einladung gefolgt, und Ortsbürgermeister Eberhard Siegler, der selber von Anfang an zu der Gruppe gehört und jetzt die Gründungsversammlung im „Freiheiter Hof' eröffnete, zeigte sich überrascht und erfreut von der guten Resonanz. 58 Personen erklärten an diesem Abend spontan ihren Beitritt. Sie werden jetzt als Gründungsmitglieder eingetragen.
Im weiteren Verlauf der Versammlung konnte ein Vorstand gewählt werden. Er setzt sich wie folgt zusammen: 1. Vorsitzender Eckhard Tödteberg, 2. Vorsitzender Hermann Helbing, Kassenwartin Ingrid Maaß, Schriftführer Karlo Vegelahn und Beisitzer Gerd Otte. Zu Kassenprüfern wurden Jürgen Bolte, Hans Friedmann und Horst Rodeck gewählt. Freuen kann sich der junge Verein über die vielen Spenden, die er bereits an diesem Abend erhielt.
Die Landtagsabgeordnete Birgitte Rasinski, die seit einigen Jahren in Freiheit lebt, hatte eine Zusammenstellung von Bildern mitgebracht, die das Zeitgeschehen aus den 50er und 60er Jahren widerspiegeln und schon jetzt einen historischen Wert haben.
Bürgermeister Wolfgang Dernedde, der die Grüße der Stadt Osterode überbrachte, würdigte die Ideen des neuen Vereins, der mit dazu beitrage, die Geschichte der Stadt zu vervollständigen.
Horst von Einem, der vor mehreren Jahren zusammen mit dem verstorbenen Helmut Maaß, dem eigentlichen Initiator der „Freiheiter Geschichtsforschung", viel Geld zur Erhaltung der vom Verfall bedrohten Burgruine gesammelt hatte, überreichte den Restbetrag des aufgelösten Kontos, um eine Spende aufgestockt.
Klimat. Kurort Osterode-Freiheit
Kurhaus Eichenthal
Besitzer: Carl Steuerwald - Fernstr. 162
HarzKurier vom 17.März 2017, Seite 04
Kristina Stoffregen ist Vorsitzende der Heimatstube Freiheit.
Freiheit. Die Heimatstube Freiheit hatte zur Jahreshauptversammlung in den Freiheiter Hof eingeladen. Dr. Stefan Kull leitete als stellvertretendes Vorstandmitglied in Vertretung für die verhinderte zweite Vorsitzende Kristina Stoffregen die Versammlung.
Auf der Tagesordnung stand außer den Berichten der einzelnen Vorstandsmitglieder in diesem Jahr vor allem die Wahl des gesamten Vorstandes, nachdem der erste Vorsitzende Hermann Helbing verstorben war.
Stadtumbau West
Die Ortsbürgermeisterin Helga Steinemann überbrachte die Grüße des Ortsrates und berichtete über das Projekt Stadtumbau West und die von der Harz-Energie neu eingerichtete Unterstützung der Ehrenamtstätigkeit in den einzelnen Ortsteilen.
Dr. Stefan Kull gab einen eingehenden Bericht über die Aktivitäten der Heimatstube im vergangenen Jahr und stellte dabei die gut besuchten monatlichen Abende in den Räumen der Heimatstube heraus. Auch im jetzt laufenden Jahr sind einige Veränderungen und Umbauten der Stellflächen der in den Räumen ausgestellten Ausstellungsgegenstände zu erwarten.
Wichtigster Tagesordnungspunkt war jedoch die Wahl des gesamten Vorstandes. In dem von Wolfgang Wiedemann geleiteten Wahlgang wurden Kristina Stoffregen zur ersten Vorsitzenden und Dr. Stefan Kull zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Kassenführer Ulrich Wrede wurde wiedergewählt. Als Schriftführer hatte sich Günter Steinemann nach vorübergehender Krankheit wieder zur Verfügung gestellt und wurde von der Versammlung gewählt. Horst Lossie blieb Beisitzer. Alle Vorstandsmitglieder bekamen von der Versammlung einstimmigen Zuspruch und nahmen die Wahl an. Ein Antrag auf Beitragserhöhung wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Abende in der Heimatstube Freiheit sind jeden zweiten Dienstag im Monat und beginnen ab sofort um 19 Uhr. Die Freiheiter Fahne ist wieder bei der Heimatstube Freiheit erhältlich.
EHRUNGEN/WAHLEN
Kristina Stoffregen erste Vorsitzende, Dr. Stefan Kull zweiter Vorsitzender.
Ehrungen für 15 Jahre: Margarete Marquardt, Eleonore Becker und Wolfgang Marhenke (bronzene Vereinsnadel).
Foto (Verein):
Der neue Vorstand der Heimatstube Freiheit mit (von links) 2. Vorsitzender Dr. Stefan Kull, Kassenführer Ulrich Wrede, Vorsitzende Kristina Stoffregen, Beisitzer Horst Lossie und Schriftführer Günter Steinemann.
Von Land und Leuten – Harzer Feierabend, Nr. 47
Quelle: Harz-Kurier vom 04.November 2000
„Haus Sonne" versinnbildlicht Aufschwung in Freiheit
von Albrecht Schütze
Freiheit. Das „Haus Sonne" in Freiheit (Hauptstr. 21) hat seinen Namen durch den Haustürschmuck, eine Sonnenscheibe mit der Jahreszahl 1700, erhalten. Noch sind die ersten Besitzer dieses Hauses nicht eindeutig belegt, doch nach der Hausfront und der gesamten Bauanlage mit dem umbauten Innenhof (Waschhaus, Stallungen, Scheune) zu urteilen, gehörten die ursprünglichen Besitzer zu den wohlhabenden Einwohnern von Freiheit.
Als dieses Haus gebaut wurde, gab es in Osterode das Kommagazin noch nicht. Gärten umsäumten die Stadtmauer, die mit ihren Toren einem Gürtel gleich die Häuser und Kirchen mit den aufragenden Türmen St. Aegidien und St. Jacobi zusammenhielten. Die Söse trennte die Bewohner der Stadt von denen aus der Johannisvorstadt und Freiheit, die ohne Schutzmauer lebten und wohl deswegen eine selbstbewusste Lebensweise entwickelten, und trotz aller Rückschläge einen Neuanfang wagten. In einer Beschreibung des Fürstentums Grubenhagen von 1673 wird berichtet, dass in Freiheit 100 Wohnungen unbewohnbar geworden seien, größtenteils durch Feuer, so dass die Bewohner in die Johannisvorstadt zogen. Etwa 15 Jahre später (1689) hatte Freiheit nur 439 Einwohner, das entsprach gut 80 Haushaltungen. Die Auswirkungen des 30 jährigen Kriegeswaren gegen 1700 einigermaßen überwunden, so konnte das „Haus Sonne" weitsichtig geplant und gebaut werden. Es ist die Zeit, in der die Leineweber, in Freiheit allgemein nur als Weber bezeichnet, als Heimarbeiter beginnen und sich zu selbstständigen Handwerkern emporarbeiten.
Schulstube seit 1637
Die seit 1637 bestehende Schulstube mit dem ab 1664 amtlich bestellten Schullehrer, Johann Daniel Külstein, unterstützte diese Entwicklung. Wer lesen und schreiben konnte, hatte bessere Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu sichern. Das galt auch für die Kenntnis von Zahlen, Maßen und Gewichten. Die Freiheiter Korn- auch Fruchthändler genannt, müssen eifrige Handelsleute gewesen sein. Ein Kaufkontrakt vom 14.2.1666 belegt, dass es Eseltreibern verboten wurde, vor 11 Uhr Getreide aufzukaufen. Die Preise wären sonst für die Osteroder Bürger und Hand werker zu hoch gestiegen. Auch wurde ihnen auferlegt, alle vier Stadttore zu nutzen, damit das Johannistor nicht zum Engpass werde. Das „Haus Sonne", auch als Eseltreiberschenke bezeichnet, war zu einem günstigen Zeitpunkt erbaut, denn der begonnene wirtschaftliche Aufstieg wurde durch den Standort des Harzkornmagazins in Osterode ab 1722 weiter gestärkt. Die Eseltreiber erlebten eine Blütezeit, so dass in Freiheit ebensoviel Esel gehalten wurden, wie es Webstühle gab - je 80 an der Zahl. In einer Aufzeichnung des Gemeindevorstehers Windhausen wird dieser Sachverhalt hervorgehoben: „Die Handweberei stand früher sehr in Blüte, so dass manche Leute es dadurch zu Wohlstand gebracht haben".
Französische Belagerung
Ein dritter Erwerbszweig, der um diese Zeit in Freiheit stark zunahm, war das Handwerk der Eimermacher. Ihre Produkte wurden im gesamten norddeutschen Raum verkauft. Der siebenjährige Krieg (1756 - 63) stoppte den wirtschaftlichen Aufschwung. Im Herbst 1761 wurden die Freiheiter besonders hart getroffen. Französische Truppen belagerten den Ort und lieferten sich vor Lerbach ein Scharmützel mit dem Harzer Jäger Corps. Elf Wochen haben die Franzosen hier im Lager und Quartier gestanden und Felder und Häuser geplündert, heißt es in einer Überlieferung.
300 Jahre Dorfgeschichte
Das war in der langen Geschichte des Dorfes, einschließlich des Hauses „Sonne", nicht die einzige unruhige Episode. Geht man von dem Standort an der Hauptstraße aus, so ließe sich hier die Zeitspanne der letzten 300 Jahre Dorfgeschichte festmachen. Als der bedeutungsvollste Abschnitt jedoch bliebe die Zeit ab 1700, als in Freiheit durch die Weber, Eseltreiber und Eimermacher die wirtschaftliche Grundlage des Ortes neu belebt wurde. Das seinerzeit erbaute „Haus Sonne", mit dem Symbol der Sonnenscheibe über der Tür, versinnbildlicht geradezu diesen hoffnungsvollen Anfang, der trotz nachfolgender erschwerlcher Ereignisse den Fortbestand des Dorfes Freiheit sicherte. Die Hausfront dieses Hauses gehört zu Freiheit, wie das Kommagazin zu Osterode.