Harz Kurier vom 13.06.1998
Serie: Von Land und Leuten Nr.11
Drei Schulhäuser in Freiheit - Von Albrecht Schütze
Freiheit. Vor 100 Jahren wurde in Freiheit das dritte Schulhaus gebaut und am 4. September 1898 seiner Bestimmung übergeben. Dieses 100jährige Jubiläum gibt Anlaß, in der Schulchronik zu blättern. Chronologisch wurde die Schulgeschichte ab 1875 geführt, doch gibt es auch ältere Schriftstücke und Hinweise, die bis in das Jahr 1637 zurückreichen.
Die Chronisten, Pastor Steinhöfel (1819 bis 1828) und Pastor Max (1836 bis 1875) hielten wesentliche Einzelheiten der Freiheiter Schulgeschichte fest. Besondere Beachtung verdient das Schuleinzugsgebiet, das sich mehrmals änderte. Freiheit hatte kein Kirchengebäude und stellte optisch gesehen keine geschlossene Dorfsiedlung dar, denn viele Einzelhäuser außerhalb der Stadtmauer von Osterode, auch die Gebiete um die Eulenburg und Am Breiten Busch sowie die Gartenhäuser an der Söse gehörten zur Aegidien-Gemeinde und wurden bis 1884 der Schulgemeinde Freiheit zugeordnet. Auch zu anderen Zeiten wechselten die Einzugsgrenzen. Während in Osterode eine Knabenschule mit einer lateinischen Freischule höhere Bildungsziele anstrebte, gab es in Freiheit zunächst nur das Angebot, Lesen zu erlernen.
Unterrichtsräume und Schulgebäude
Nach den Hinweisen der Chronik zu schließen, wurde der Leseunterricht vermutlich in Privaträumen erteilt. Der Begriff Schulhaus wird erstmals mit dem Haus Nr. 69 des Maschinenfabrikanten Wilhelm Friedrichs in Verbindung gebracht. Das Haus soll 1671 gebaut worden sein und diente bis 1844 als einklassige Schule. Als die Schülerzahl auf fast 200 angestiegen war, wurde 1843 bis 1844 das Haus Nr. 67 als zwei-klassige Schule gebaut. Viel zu klein, wie sich bald herausstellen sollte.
Der Bildungseifer, der das Bürgertum erfaßt hatte, ergriff die Schulen. Es war die Zeit der Kinderbücher, der Struwwelpeter wurde 1844 gedruckt. Malbücher, Ausschneide- und Bilderbogen unterstützten die Bildungsarbeit. Der Unterrichtsstoff nahm seinerzeit erheblich zu. In den überfüllten Klassen (bis zu 100 Kindern) konnte kaum noch zufriedenstellend unterrichtet werden. Einige Freiheiter Schulkinder wanderten ab und besuchten die Schulen in der Stadt Osterode. Obwohl die Schülerzahl auf 175 zurückging, wurde ab 1873 die Schule in Freiheit dreiklassig. Die äußeren Voraussetzungen für ein zeitgemäßes Leistungsbild, das in den Stadtschulen geboten wurde, konnten damit gewährleistet werden.
.Die Schülerzahlen stiegen wieder an. 1894 besuchten 216 Kinder die Schule in Freiheit. Um einer möglichen Abwanderung zur neuerbauten Bürgerknabenschule in Osterode vorzubeugen, wurde eine vierte Klasse beantragt. Mit der Einrichtung der 4. Klasse in Freiheit (1895) waren die Chancen gegenüber den Stadtschulen gleich, doch durch Krankheit und Militärdienst der Lehrer in Freiheit fiel ungewöhnlich viel Unterricht aus. Erst ab Ostern 1898 konnte der Unterricht einer vierklassigen Schule gerechtfertigt werden. Für Lehrerausfall gab es keinen Ersatz. So klagte Lehrer Bergmann bereits 1892, daß er wochenlang 200 Kinder allein zu unterrichten hatte, bis die Lehrer Kümmel und Ludewig aus Osterode einige Stunden übernahmen.
In dieser Zeit (Michaelis 1891) fanden die ersten Beratungen für den Bau eines neuen Schulgebäudes statt. Freiheit hatte im Sommer 1891 mit dem Bau einer Wasserleitung begonnen, die auch der neuen Schule dienen sollte. Es vergingen aber noch Jahre. In der Schulchronik 1896 heißt es: „Unser Schulhausbau will immer noch nicht weiter. Im April hielt Baurat Mende mit dem Schulvorstand und im Beisein des Herrn Geheimrates Rottländer eine Sitzung ab, in welcher die Pläne des neuen Schulhauses besprochen wurden.” Im März 1897 wurden schließlich die Bauarbeiten vergeben, am 13. Juli 1897 die Grundsteinlegung vorgenommen, und bereits am 6. September 1897 der Richtbaum gesetzt. Es wurde auch höchste Zeit, denn die Schülerzahl war auf 225 angestiegen und sollte für die nächsten Jahre auf 267 anwachsen.
Die Freiheiter konnten zu Recht auf ihr neues Schulhaus stolz sein, denn außer der Bürgerknabenschule in Osterode gab es im Umkreis kein weiteres modernes Schulhaus, daß ausschließlich für Unterrichtszwecke gebaut worden war.
Eigenständigkeit endete 1975
Selbstbewußt wurde am 4. September 1898 das neue Schulhaus, das 50 000 Mark gekostet hatte, von den Freiheitern feierlich geweiht und mit einem großen Fest auf dem Freiheiter Schützenplatz begangen. Beim Umzug durch Freiheit über die alte Harzstraße zum Schützenplatz wurde die Schulfahne von 1876 vorweg getragen, begleitet vom Tambourmajor, den Trommlern und Pfeifern. Die Eigenständigkeit der Schule hörte zwar am 1. August 1975 durch die Zusammenlegung mit der GS Lerbach auf, doch wird das Schulhaus in Freiheit auch heute noch genutzt, darum umfaßt dieses dritte Schulhaus 100 Jahre Schulgeschichte Freiheit.
Das Foto zeigt das Freiheiter Schulhaus um 1900. Foto: Schütze