Osteroder Kreis=Anzeiger vom 29.03.1997

Osteroder und Freiheiter lieferen sich einst regelrechte Schlachten

OSTERODE (as) In früherer Zeit begleiteten zahlreiche Sitten und Bräuche das Leben der Menschen. Das Osterfeuer abzubrennen hat sich bis in unsere Tage erhalten. Mit diesem Brauch sind allerlei Vorkommnisse überliefert, die auch Straftaten mit einschlossen. Zwischen den Freiheitern und Osterodern gab es sogar Kämpfe, die in Polizeiberichten und behördlichen Anweisungen überliefert sind.

Landrat Rottländer wandte sich im März 1880 an den Schulinspektor, Pastor Ubbelohde, mit der Bitte, die Lehrer der Schule Freiheit anzuweisen, die Schulkinder vom Butterberge femzuhalten, die beim Heckesammeln für das Osterfeuer Unfug trieben. In dem Dokument heißt es, daß die Personen mit Strafe von drei Mark oder Haft rechnen müßten, „die sich auf dem Butterberge einfinden und daselbst durch Schreien, Werfen mit Steinen, gegenseitig Schlägereien und dergleichen Unfug treiben“. Der Gemeindevorstand in Freiheit wurde aufgefordert durch geeignete Mannschaften die Ansammlung von Schulkindern auf dem Butterberge auseinanderzusprengen. Die Gendarmen Milutzki und Schwenler wurden angewiesen, dabei Hilfe zu leisten. In der Chronik der Freiheiter Schule ist dieses Geschehen genauer belegt.

„Um die nötige Tannhecke für das Osterfeuer zu beschaffen und den Fuhr-lohn bezahlen zu können, sammeln Schulknaben Geld von Einwohnern. Am Sonnabend vor Ostern wird die Hecke geholt. Unter Absingen des alten, nur bei dieser Gelegenheit gesungenen Köhlerliedes ,Ein freies Leben führen wir’ wird die Hecke, die Schulknaben oben auf dem Fuder sitzend, durch, den Ort gefahren. Das Köhlerlied endet mit dem Zusatz ...die Städter haben die Schläge bekommen, die Freiheiter den Sieg gewonnen. Drum schenkt ein, wir wollen lustig sein. So kehren wir beim Weiler ein und trinken ein Glas Gänsewein.“

Das Lied bezieht sich auf Schlägereien zwischen Osteroder und Freiheiter Jugendlichen, die gegenseitig versuchten, sich die Hecke zu stehlen oder den Baum, um den die Hecke aufgeschichtet wurde. Bei diesen Schlägereien ging es recht derbe zu, besonders Steinwürfe verursachten erhebliche Kopfverletzungen. Der Chronist berichtet, daß die Schule dazu beigetragen habe, die Ordnung wieder herzustellen. Ab 1886 wurde durch die Schule keine Erlaubnis mehr zum Einsammeln des Geldes und der Hecke ausgesprochen. Auch die Androhung der Strafe hielt zumindest die Schulkinder davon ab, sich an den Osterkrawallen auf dem Butterberg zu beteiligen.

50 Jahre später beschreibt ein Berliner, Hilmar Pabel, in dem Grubenhagenschen Heimatkalender 1936, wie er die Ostervorbereitungen in Osterode erlebte. „Ich ging hinaus auf die Bleiche zur Ostertanne und das war sogar eine Wache, die die Hecke schützte. Ich wußte nicht wovor. Ich lernte es und schimpfte über die feigen Freiheiter, die sich nicht heranwagten an das Osteroder Osterfeuer. Und dann ging ich hinauf zu den Freiheiten!, die wiederum schimpften mächtig auf die Städter mit V, dem bißchen Hecke und dem lächerlichen Baum. Sie nannten die Osteroder natürlich genau so feige, daß sie es nicht wagen würden, die Freiheiter Hecke mit Gewalt zu stürmen und anzustecken. Es war auf beiden Seiten ein gewaltiger Krieg mit drohenden Worten, der schließlich in einen kühnen Angriff des Nachbarlagers überging.“

Nach 50 Jahren brauchten aber weder Polizei noch andere Amtsträger einzugreifen, um die Ordnung zu sichern. Mögen die berichteten „Heckenkämpfe“ brutal erscheinen, so stellte doch der Chronist vor 100 Jahren fest: „...war das Osterfeuer abgebrannt, war aller Kampfgeist erloschen. Freiheiter und Osteroder gingen gemeinsam friedlich zum Ostergottesdienst in die Kirche St. Aegidien."

Die Tannhecke wurde früher mit dem Fuhrwagen zum Brennplatz gebracht, oben auf sitzend zahlreiche Schulkinder. Foto: Schütze