HarzKurier 01.07.2000 von Albrecht Schütze

August Windhausen zum Gedächtnis

Mit ihm entdeckten die Freiheiter ihre Geschichte

Freiheit. Vor 180 Jahren, am 4. April 1820, ist August Windhausen in Osterode geboren. An diesen Mann zu erinnern, mag manchem Leser bedeutungslos erscheinen, doch als Gemeindevorsteher der Gemeinde Freiheit hat er sich besondere Verdienste erworben, die für die Ortsgeschichte bedeutungsvoll sind.

Hauptberuflich war Windhausen Gärtner, ein Beruf, der von Sonnenaufgang bis zu ihrem Untergang ausgeübt wurde, dennoch nahm August Windhausen das Amt des Gemeindevorstehers in Freiheit 1870 als 50-Jähriger an. Nach heutiger Beurteilung ein Glücksfall für Freiheit, denn Windhausen zeigte großes Interesse an der Geschichte des Dorfes.

Gemeinsam mit Pastor Fargel (1896 - 98) fand er Zeit, alles schriftlich festzuhalten, was über Freiheit in Erfahrung zu bringen war. So entstand eine Sammlung „Nachrichten über Freiheit“, die eine Bestandsaufnahme bis zum Jahr 1897 darstellt. In diesen Aufzeichnungen findet man Hinweise über die Vorgänger der Gemeindevorstände, die „Bauermeister“, eine Bezeichnung für den „Dorf-Bürgermeister“. Es wird dargelegt: die Sozialstruktur des Dorfes, die Veränderungen des Handwerks bis zur Industrialisierung, die Gründung von Vereinen, die Praktiken der Sitten und Gebräuche, die Entwicklung der Schule und nennenswerte Vorkommnisse (Unwetter) sowie Errungenschaften (mechanischer Webstuhl, Dampfmaschine, elektrische Straßenbeleuchtung).

In einer Hausbesitzerliste sind auch die Erwerbstätigen festgehalten, die aufschlussreiche Hinweise ergeben, um das Leben und die Entwicklung des Dorfes nachvollziehen zu können. Diese schriftlichen Überlieferungen bilden eine erste zusammenhängende Dorfgeschichte, die hoch einzuschätzen ist, denn sie vermittelte schon in früherer Zeit ein Zugehörigkeitsgefühl und stärkte das Bewusstsein „Wir auf der Freiheit“.

Ein Dorf, das entwicklungsgeschichtlich ohne eigenständige Kirche (ein Kirchengebäude als kulturellen Mittelpunkt) Gestalt angenommen hat, braucht eine Identität. August Windhausen hat mit seiner Arbeit als Chronist wesentliche Impulse gegeben - man könnte sagen, mit ihm haben die Freiheiter ihre Geschichte wiederentdeckt, die nachfolgend von Hauptlehrer Wilhelm Oehlkers fortgesetzt und vertieft werden konnte, eine Geschichte, die noch weitgehend in Dokumenten und Berichten unentdeckt in Archiven und privaten Gemächern geblieben sein mag.

Als August Windhausen sein Amt als Gemeindevorsteher antrat, versuchte er seine Amtsvorgänger aufzulisten. Die zum Teil nur stichwortartigen Hinweise konnten über Kirchenbücher genauer belegt werden. Der Leinewebermeister Johann Christian Jacobi, geb. am 20. Mai 1778, führte das Amt als Bauermeister bis 1844. Er starb am 10. September 1850 im Alter von 72 Jahren an der Asiatischen Cholera. Jacobi gehörte mit zu den ersten Opfern dieser Seuche, die der Osteroder Stadtphysikus, Dr. Conradi, in der Johannis vor stadt am 11. August 1850 erstmals feststell-te. Es erkrankten seinerzeit 319 Personen, von denen 72 starben. Interessant ist, dass der Vater von Jacobi, Sergant der königlichen Truppen, 1774 bei der Erhebung der Zeugmachergesellen in Osterode in Diensten stand.

Nachfolger des Bauermeisters Jacobi wurden der Schuhmacher Bierhance, der Mechaniker Hampe und der Leggemeister Giere. Als dieser nach Duderstadt versetzt wurde, übernahm Windhausen die Amtsgeschäfte. Er vermerkt auch die Veränderungen 1866, als das Königreich Hannover an Preußen fiel. So hieß der Amtmann unter der Preußischen Herrschaft „Amthauptmann“. Zu diesem Zeitpunkt begann der behördliche Kontakt von August Windhausen, der ab 1862 für die Gemeinde Freiheit als Ausschussmitglied wirkte, nach 27-jähriger Amtszeit heißt es in einem Dokument: „August Windhausen führt sein Amt als 77-Jähriger in Rüstigkeit und Frische aus.“

Erst im 90. Lebensjahr stehend, am 1. Oktober 1909, übergab er sein Amt an den Rossschlachter Louis Plümer, der ihm jahrelang als Beigeordneter zur Seite stand. Nach dem Schriftbild zu urteilen, litt Windhausen vermutlich an Schüttellähmung. Sollte dies zutreffen, ist es umso erstaunlicher, dass er bis ins hohe Alter das übernommene Amt des Gemeindevorstehers wahrnahm. Nach den Aufzeichnungen von W. Oehlkers feierte August Windhausen seinen 90. Geburtstag am 4. April 1910. Das Sterbedatum ist unbekannt.