HarzKurier 17.11.2001 von Albrecht Schütze

In Freiheit hat es früher eine Mundart gegeben

Freiheit. Den Freiheitern ist Hauptlehrer Wilhelm Oehlkers (1865-1943) vorwiegend als engagierter Sportler bekannt -dass er auch sprachwissenschaftliche Studien betrieb, blieb weitgehend unbekannt. Handschriftliche Aufzeichnungen (um 1906 notiert) zeigen, dass Oehlkers vielseitigen Interessen nachging.

Er versuchte, die älteste Geschichte des Ortes Freiheit und seiner Umgebung zu erforschen. Er hinterließ schriftlich: „...Die im Lande verbliebenen keltischen Urbewohner benannten natürlich die Berge, Flüsse usw. in ihrer keltischen Sprache. Spätere Siedler (Germanen) setzten sich mit ihrer Sprache durch, dennoch mag mancher Wortstamm aus dem Keltischen übernommen bzw. eingebunden worden sein: Der heutige Name Butterberg enthält nach Oehlkers Erkenntnis das Stammwort „bid“ - Bergspitze, und „fenn“ = Berg erfaßt den Namen Feenhöhe. Der Name Lerbach lässt sich aus dem keltischen Wort „lia - er' großes Wasser ableiten. Acker sei mit „ag er“ große Höhe zu erklären. Der Begriff Schacht = „scheach“ steht für Gebüsch, Wald. - In dem Wort Söse sei das Stammwort „si-uiss kleines Waldwasser enthalten und Bremke = „brim-brem“ bedeutet Bergwasser.

Oehlkers versuchte auch, Klarheit um die Gründung und den Namen Osterode und die Burganlage zu gewinnen. So hielt er fest, dass eine Burg vor der Siedlung Osterode bestanden haben könnte. Er begründet das durch die Etymologie des Wortes Osterode. In den ältesten Urkunden heißt die Siedlung „Hosteroth“.

Derselbe Wortstamm ist in „Houster Weg“, jetzt als Hundscher Weg bekannt, enthalten. Das keltische Wort „ioster (sprachlich „houster“) bedeutet befestigtes Haus und die Endung „roth“ = Burg (Hosteroth). So bilden Burg, Handelsweg und Siedlung eine Einheit.

Neben diesen Überlegungen der Wort Veränderungen sind in der Freiheiter Schule Vergleiche der Aussprache von Lehrern und Schülern über gängige Wörter der Umgangssprache aufgezeichnet worden. Der Vergleich erbrachte jedoch keine wesentlichen Unterschiede der Sprachgewohnheiten (Schriftdeutsch - Mundart). Dabei muss um 1880 in Freiheit eine Mundart üblich gewesen sein. 40 Sätze in Freiheiter Mundart sind schriftlich von Lehrer Bergmann aus dem Jahr 1880 überliefert. Zwei Sätze aus dieser Auflistung sollen als Beispiel dienen:

„Min leiwe Kind, bliw hier unnen stan, da bösen Göse bitet deck“. (Mein liebes Kind, bleib hier unten stehen, die bösen Gänse beißen dich).

„Dau Koll’n in’n Owen, dat dä Melk balle an te koken fänget“. (Tu Kohlen in den Ofen, dass die Milch bald zu kochen anfängt).

Leider sind beide Unterlagen nur Einzelstücke. Eine systematische Arbeit ist vermutlich durch die nachfolgenden unruhigen Jahre 1914-18 und die Nachkriegszeit unterblieben. Wilhelm Oehlkers unterrichtete bis 30.09.1930 und starb am 19.09.1943.

Wilhelm Oehlkers, Lehrer, Sportler und Sprachforscher.
Foto: Schütze